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Soshana
Malerei als kosmopolitisches Projekt

von Mathias Boeckl

Parnass Kunstmagazin
Heft 4 / 2009
November / Dezember
http://www.parnass.at

Aus den Augen, aus dem Sinn - diese alte Weisheit gilt insbesondere auch für den Kunstbetrieb, der viel weniger globalisiert ist, als wir üblicherweise annehmen. Wenn Künstler Österreich verlassen oder gegen ihren Willen verlassen mussten, verschwinden sie in der Regel auch vom hiesigen Kunstmarkt und aus dem Ausstellungsbetrieb der Museen. Und nicht selten sind es sogar wahre Größen ihres Fachs, die zwar in Paris und New York reüssieren konnten, aber in Österreich trotz mittlerweile jahrzehntelanger Exilforschung und vieler einschlägiger Rückhol-Bemühungen immer noch zu wenig bekannt sind. Die Malerin Soshana, 1927 in Wien als Susanne Schueller geboren, ist so ein Fall. Ihre Biografie ist abenteuerlich. Aufgewachsen in einem liberalen jüdischen Elternhaus, das ihr in Wien den Besuch der progressiven Schwarzwaldschule ermöglichte, musste sie nach dem „Anschluss" 1938 mit ihrer Familie über die Schweiz und Paris nach England fliehen.
1939 und 1940 besuchte sie dort das Northwood College und Kunstkurse an der Chelsea Polytechnic School in London.

1941 bis 1947 lebte sie in den USA, wo sie zunächst an der Washington Irving High School lernte und dann mit dem Maler Beys Afroyim das ganze Land bereiste. Diese ausgeprägte Reiselust und Neugier auf verschiedenste Kulturen behielt sie ihr Leben lang - bis in ein fortgeschrittenes Alter arbeitete sie zwischen Amerika, Europa und dem Fernen Osten.
Die frühen Reisen durch Amerika führten sie auch nach San Francisco, wo sie Augenzeugin der Gründung der Vereinten Nationen (UNO) wurde und nach Los Angeles, wo sie zahlreiche Portraits von Künstlern der deutsch-österreichischen Exilgemeinde malte. Darunter sind die prominentesten Namen diees Milieus zu finden, etwa Thomas Mann, Arnold Schönberg, Lion Feuchtwanger, Franz Werfel, Otto Klemperer, Bruno Walter und Hanns Eisler.

1946 wurde ihr Sohn Amos geboren, der heute - nachdem er lange Jahre den ehemaligen Betrieb der Familie geführt hatte - sehr engagiert Soshanas Œuvre betreut.
1948 lebte die Malerin in Havanna, wo sie erstmals ihren Künstlernamen verwendete und Erfolge im lokalen Kunstbetrieb errang. Dann ging es wieder auf Reisen mit Aufenthalten in in Holland, Österreich, England, Polen, der Tschechoslowakei und Israel. 1951 lebte sie wieder für kurze Zeit in Wien, um an den beiden Kunsthochschulen der Stadt zu studieren. 1952 wurde Soshana das Wiener Kunstmilieu der Nachkriegszeit aber wieder zu eng und sie ging nach Paris, wo sie sich rasch in anregenderen Kreisen integrierte und Bekanntschaften mit unter anderem Frantisek Kupka, Ossip Zadkine, César, Bazaine, Max Ernst, Yves Klein, Alexander Calder, Wilfredo Lam, Sam Francis, Fontana und Jean Paul Sartre und Marc Chagall in Vence pflegte. Engere Freundschaften entstanden mit Alberto Giacometti und Picasso, den sie oft in Südfrankreich besuchte und der sie auch portraitierte.
Soshana war nun eine weithin geschätzte abstrakte Malerin, die - vom expressiven Realismus der 1940er-Jahre her kommend - seit den frühen 1950er-Jahren an der Aufbruchbewegung des Informel teilnahm und diese gestische Bildsprache perfekt mit global gültigen Inhalten und den Eindrücken ihrer zahllosen Reisen verbinden konnte. Die Pariser Galerie Weill und der Züricher Händler Max Bollag vertraten Soshana in dieser Zeit sehr erfolgreich.

Ab 1956 bereiste sie intensiv den Fernen Osten und pflegte Kontakte zu den Eliten Indiens (wo ein Portrait des Staatspräsidenten entstand) und Chinas, 1959 besuchte und portraitierte sie Albert Schweitzer in Afrika. Zurück in Paris entstanden neue Künstlerfreundschaften mit den Cobra-Malern Karel Appel und Asger Jorn. 1964 ging sie nach Mexiko, wo sie wieder in den führenden Künstlerkreisen um Davis Alfaro Siqueiros verkehrte. 1974 zog sie nach vielen weiteren Reisen nach New York, um 1985 endlich - von der Kunstöffentlichkeit kaum wahrgenommen - wieder nach Wien heimzukehren.
Die jüngst erfolgte Verleihung des Goldenen Verdienstzeichens der Stadt Wien sollte diese überaus spannende Laufbahn in den innersten Zirkeln der internationalen Moderne wieder in Erinnerung rufen. Als „Einstieg" in die Welt Soshanas, der Lust auf mehr machen soll, wird hier eine kleine Auswahl an Bildern gezeigt, die in den ersten Jahren dieser Malerinnenkarriere zwischen New York, San Francisco, Havanna und Paris entstanden. Der starkfarbige expressive Realismus erinnert entfernt auch an Edith Kramer, eine weitere Wiener Exilmalerin in New York. Einer späteren Präsentation sollen Soshanas abstrakte Arbeiten ab den 1950er-Jahren vorbehalten bleiben. Derzeit sind Ausstellungen ihrer Arbeiten in Washington und London zu sehen.

Soshana
29. Oktober bis 31. Dezember 2009
Austrian Cultural Forum
3524 International Court, N.W.
Washington D.C. 20008
www.austrianculturalforum.com